Schlangen in Deutschland – die gefährdeten Reptilien
Eine riesige Anakonda aus dem Amazonas-Gebiet oder eine Königskobra mit aufgestelltem Nackenschild aus Südost-Asien – diese Bilder haben viele Menschen im Kopf, wenn sie an Schlangen denken. Die wenigsten wissen jedoch, dass von den weltweit schätzungsweise 3.000 Schlangenarten sogar sieben hier in Deutschland leben: die Äskulapnatter, Ringelnatter, Barren-Ringelnatter, Schlingnatter, Würfelnatter, Kreuzotter und Aspisviper.
Äskulapnatter
Die Äskulapnatter (Elaphe longissima) ist in Deutschland sehr selten geworden. Sie ist hierzulande nur noch im Rheingau, an der unteren Salzach in Burghausen, im südlichen Odenwald oder an der Donau zu finden. Als Lebensraum bevorzugt die tagaktive Schlange unter anderem Steinbrüche, Weinberge sowie lichte, sonnige Waldgebiete mit Wassernähe.
Die Äskulapnatter kann bis zu 1,60 Meter lang werden und weist ein sehr vielfältiges Farbspektrum auf. Die Färbung der Oberseite der Natter reicht von braun, olivgrün über graubraun bis hin zu grauschwarz, während die Unterseite eher weiß oder grüngelb ist. Da die Schuppen der Natter weiße Ränder haben, verleihen sie ihr ein weißes Fleckenmuster.
Als Nahrung bevorzugt die ungiftige Würgeschlange Kleinsäuger, Eidechsen, Vögel und deren Eier. Um an diese heranzukommen, schlängelt sie sich sogar auf Bäume. Wie der Begriff Würgeschlange schon vermuten lässt, werden größere Beutetiere durch Erwürgen getötet, bevor sie verschlungen werden.
Während die Schlangen (alle sieben Arten) den Winter in Deutschland über in Baumstümpfen, zwischen Felsblöcken und in Erdhöhlen verbringen und erst ab 8°C (Männchen) oder 12°C (Weibchen) wieder zum Vorschein kommen, wird während der Sommermonate für den Nachwuchs gesorgt. Eine weibliche Äskulapnatter legt etwa im Juli fünf bis zehn Eier ab, aus denen nach rund 60 Tagen die Jungen schlüpfen.
Die Äskulapnatter, die bis zu 30 Jahre alt werden kann, ist das Wappentier der Ärzte und Apotheker. Bereits im alten Griechenland umschlang sie den Stab des Gottes der Heilkunst Asklepios – den Äskulapstab!
Ringelnatter
Im Gegensatz zur Äskulapnatter, kommt die Ringelnatter (Natrix natrix) hierzulande noch sehr häufig vor und ist deutschlandweit fast überall zu finden. Dennoch hat sich ihr Bestand über die Jahre bedenklich verringert. Da die Ringelnatter nicht nur zu Land, sondern auch zu Wasser aktiv ist – sie kann sehr gut Schwimmen und Tauchen –, lebt sie bevorzugt an vegetationsreichen Fluss- und Seeufern, im Bereich von Feuchtwiesen oder an Mooren und Sümpfen.
Die tagaktive, semiaquatische Schlange wird meist zwischen 1,20 und 1,50 Meter lang. Das Schuppenkleid ist auf der Oberseite mit grau bis schwarz dunklen Flecken verziert, während die Unterseite weiß-dunkel gefleckt ist. Das besondere Merkmal, an dem die Ringelnatter immer gut zu erkennen ist, sind zwei gelbe halbmondförmige Flecken an den Seiten des Hinterkopfes.
Hauptsächlich Frösche, aber auch Fische und Molche stehen auf dem Speiseplan der ungiftigen Ringelnatter, die ihre Beute bei lebendigem Leib frisst, ohne sie etwa vorher erwürgt zu haben. Wird die Natter wiederum selbst gejagt, etwa von Greifvögeln, Füchsen oder Mardern, flüchtet sie ins Wasser, stellt sich tot oder setzt ein stinkendes Analdrüsensekret ab.
Im Gegensatz zur Äskulapnatter legen die Weibchen der Ringelnatter im Sommer bis 30 Eier ab, aus denen die Jungen im September schlüpfen.
Barren-Ringelnatter
Der Name lässt es bereits erahnen: Die Barren-Ringelnatter (Natrix helvetica) ist artverwandt mit der Ringelnatter und erst seit 2017 als eigenständige Art klassifiziert. In Deutschland lebt sie westlich des Rheins und ihre Unterart, die Alpen-Barrenringelnatter, in Bayern. Der Bestand ist hierzulande als gefährdet eingestuft.
Die rund 1 bis 1,40 Meter lange Schlange hat ihren Namen den schwarzen Flecken, die sich wie Barren bis zur Hälfte der Körperseite hochziehen, zu verdanken. Im Unterschied zu einer Ringelnatter hat die Barren-Ringelnatter nur sehr blasse oder gar keine halbmondförmigen Nackenflecken.
Wie die Ringelnatter, ernährt sich die ebenfalls ungiftige Barren-Ringelnatter hauptsächlich von Fröschen, Molchen und Fischen, aber auch Mäusen und Eidechsen. Und auch sie versprüht ein stickendendes Analdrüsensekret, sollte sie sich selbst in Gefahr befinden.
Die Paarung der Barren-Ringelnattern finden im April und Mai statt. Die Weibchen legen dann im Frühsommer 10 bis 30 Eier ab, aus denen im Hochsommer die Jungen schlüpfen.
Schlingnatter
Die Schlingnatter (Coronella austriaca) – auch Glattnatter genannt – ist in Deutschland flächenmäßig weit verbreitet, der Gesamtbestand ist jedoch deutlich gefährdeter als der der Ringelnatter. Die tagaktive Schlange hält sich am liebsten im offenen, sonnigen und vor allem trockenen, sandigen Gelände auf, aber auch in Büschen und Hecken – bevorzugt warme Mittelgebirgsregionen.
Mit ihren 60 bis maximal 80 cm Länge, ist die Schlingnatter die kleinste Schlange Deutschlands. Sie ist meist braun oder graubraun gefärbt (ab und zu gelblich oder rostrot) und hat zwei bis vier Reihen dunkelbrauner Flecken, die sich über den Rücken ziehen. Aufgrund dieser Rückenfärbung wird die ungiftige Schlingnatter jedoch gerne auf den ersten Blick mit der giftigen Kreuzotter verwechselt. Schaut man sich jedoch den Kopf der Natter genauer an, erkennt man einen dunklen Lidstrich, der von der Nase übers Auge bis zum Maul geht – ein Merkmal, das die Kreuzotter nicht hat. Zudem hat die Coronella austriaca runde Pupillen, während die Kreuzotter (wie die meisten giftigen Schlangen) schlitzartige Pupillen hat.
Der tagaktive Räuber ernährt sich von Mäusen und Eidechsen. Diese werden vor dem Verzehr umschlungen und damit erdrosselt. Bei Gefahr und sobald sie gereizt ist, spritzt die Schlingnatter ein übel riechendes Sekret aus.
Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Schlangen ist die Schlingnatter ovovivipar. Das heißt, sie bringt ihre drei bis 15 Jungen lebend zur Welt. Die Jungtiere werden umhüllt von einer dünnen Eihülle geboren, die sie sofort nach der Geburt durchstoßen. Sie müssen sich direkt selbst versorgen!
Würfelnatter
Die Würfelnatter (Natrix tessellata) ist die seltenste Schlangenart in Deutschland. Sie ist hierzulande nur noch in Rheinland-Pfalz an den Rhein-Nebenflüssen Lahn, Nahe und Mosel zu finden. Sie steht auf der Roten Liste und ist vom Aussterben bedroht! Warum? Ganz einfach: Durch die Verschmutzung von Flüssen und Seen sowie durch Verlandung, Gewässerbau und Uferausbau, wird der Wasserschlange ihr Lebensraum genommen.
Mit einer Größe von rund 1 Meter, gehört die Würfelnatter in Deutschland zu den kleineren Schlangenarten. Ihre Schuppen könne die unterschiedlichsten Farben haben – von gräulich und braun-schwarz über grau-braun-grünlich bis gelblich ist alles dabei. Ihren Namen hat die Schlange ihrem charakteristischen dunklen Würfelmuster auf dem Rücken zu verdanken.
Als Wasserschlange und guter Taucher, jagt die Natrix tessellata meist unter Wasser. Dabei lauert sie ihrer Beute (Fische und Amphibien) auf dem Gewässergrund auf und schnappt zu, sobald sich eine Möglichkeit ergibt. Die ungiftige Würfelnatter geht aber auch an Land auf Beutejagd nach Fröschen, Kröten oder Salamandern. Sieht sie sich selbst in Gefahr, versprüht sie – wie ihre Natter-Kollegen – ihren stark riechenden Analdrüseninhalt.
Die Weibchen legen im Sommer fünf bis 25 Eier ab. Dafür sind sie auf Schwemmgut und eine intakte Uferböschung angewiesen, die aufgrund der oben genannten Maßnahmen immer seltener werden.
Kreuzotter
Die Kreuzotter (Vipera berus) ist eine von zwei Giftschlangen, die in Deutschland leben. Die sowohl tag- als auch nachtaktive Schlange, die zur Familie der Vipern gehört, ist hierzulande im norddeutschen Tiefland (besonders auf den Ostseeinseln Rügen und Hiddensee), aber auch vereinzelt in Süddeutschland zu finden. Sie bevorzugt feuchte Wiesen, Waldränder, Heidegebiete und Moore.
Das markanteste Erkennungszeichen der bis zu 90 cm langen Kreuzotter ist das Zickzack-Muster auf der Oberseite. Bei den Männchen ist es schwärzlich und scharf abgesetzt, bei den Weibchen wiederum bräunlich und weniger abgehoben. Die Färbung der Giftschlange variiert nach Geschlecht stark. Bei den männlichen Tieren reicht die Farbpalette von fast weiß über silber, grau, aschgrau und grüngrau bis hin zu braungrau und gelbgrau. Die Weibchen haben ein Schuppenkleid von sandgelb über gelbrot, rost- oder kupferfarben bis dunkelbraun. In feuchten Biotopen gibt es sogar ganz schwarze Exemplare. Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Nattern, hat die Kreuzotter schlitzförmige Pupillen, statt runde Pupillen.
Bei der Jagd nach Kleinsäugern, Fröschen oder Echsen, setzt die Vipera berus ihre zwei Giftzähne ein. Sobald sie das lähmende Gift – es schädigt die Organe und lässt das Blut gerinnen – ihrem Opfer injiziert hat, wartet Sie ab, bis ihre Beute verendet. Für den Menschen ist das Gift grundsätzlich nicht gefährlich, jedoch kann es in Einzelfällen zu allergischen Reaktionen wie Erbrechen oder Atemnot kommen. Sollten Sie gebissen werden, ist es immer ratsam, den Arzt aufzusuchen oder ins Krankenhaus zu fahren.
Wie die Schlingnatter ist auch die Kreuzotter lebendgebärend. Sie bringt im Sommer fünf bis 15 Jungtiere zur Welt.
Aspisviper
Die letzte der sieben in Deutschland vorkommenden Schlangen ist die Aspisviper (Vipera berus). Die tag- aber auch nachtaktive Giftschlange ist wie die Kreuzotter in Deutschland stark bedroht und kommt hierzulande nur noch im Südschwarzwald vor. Sie bevorzugt warme, trockene und steinige Biotope wie Geröllflächen und Steinbrüche mit sonnigen Lichtungen – ein Lebensraum, der durch ökologisch bewirtschaftete Wälder immer seltener wird.
Die Aspisviper wird bis zu 90 cm lang und ist gut an ihrer charakteristischen, nach oben aufgeworfenen Schnauze, den Oberaugenplatten (suggeriert einen strengen Blick) sowie der dunklen Binde, die am Hinterrand des Auges beginnt und sich bis auf den Hinterkopf oder die Halsseiten erstreckt, zu erkennen. Die Grundfärbung reicht von hellgrau bis rotbraun oder auch komplett schwarz. Ebenfalls markant sind – je nach Färbung der Schlange – die dunklen Querbinden, die sich auf der Oberseite von Kopf bis Schwanz erstrecken. Die Unterseite kann verschiedene Grau- oder Brauntöne aufweisen und dunkel gefleckt sein. Wie die Kreuzotter hat auch die Aspisviper schlitzförmige Pupillen.
Bei der Jagd setzt die Vipera berus auf den Überraschungseffekt. Das bedeutet, sie lauert ihrer Beute auf, bis sie in Reichweite ist und beißt dann zu. Anschließend wird das Opfer verfolgt, bis das Gift seine Wirkung zeigt und das Tier verendet. Auf ihrem Speiseplan stehen kleine Säugetiere, Vögel und Eidechsen.
Die Aspisviper ist ebenfalls ovovivipar und bringt im Spätsommer zwei bis 15 Jungtiere zur Welt.
Ungewisse Zukunft
Alle sieben in Deutschland vorkommenden Schlangenarten sind mindestens als gefährdet eingestuft. Nicht, weil sie viele tierische Feinde habe, sondern weil wir, der Mensch, ihren Lebensraum durch Flurbereinigungen, aufgeforstete Wälder und verschmutzte Gewässer zerstören. Zwar stehen die sieben Kaltblüter durch die Bundesartenschutzverordnung unter besonderem Schutz, doch damit diese heimischen „Exoten“ früher oder später nicht aussterben, muss in Zukunft noch mehr zur Erhaltung ihres Lebensraums getan werden.