Przwalski-Pferd – das letzte echte Wildpferd?

Przewalski-Pferd in der Wildnis
Zurück in der Steppe - das Przewalski-Pferd

Lange Zeit hatten Przewalski-Pferde den Ruf, die letzten echten Wildpferde zu sein. Es gibt zwar noch andere wild lebende Pferderassen, z. B. amerikanische Mustangs, australische Brumbies oder hierzulande die Dülmener Wildpferde, aber bei ihnen wurden ausnahmslos Hauspferde als Vorfahren nachgewiesen. Seit dem Jahr 2018 könnte dies jedoch auch bei Przewalski-Pferden der Fall sein: Forscher fanden bei Ausgrabungen in Kasachstan Knochen von Botai-Pferden, die vor über 5.000 Jahren von ihrem Volk vermutlich gezähmt wurden und damit als Urahnen aller Hauspferde gelten. Nach aufwändigen Genom-Analysen stand fest: Auch die Przewalski-Pferde zählen zu ihren Nachfahren. Ob sie damit jedoch de facto auch als domestiziert und nicht mehr als wild gelten, ist umstritten.

Merkmale

Kopf Przewalski-Pferd
Großer Kopf, ramsartiges Profil: das Przewalski-Pferd

Seinen Namen verdankt das Przewalski-Pferd (lateinisch: equus ferus przewalskii) dem russischen Forscher Nikolai Michailowitsch Przhevalsky, der das Pferd Ende des 19. Jahrhunderts bei seinen Reisen nach Zentralasien entdeckte. Es wird aber auch Thaki, Asiatisches Wildpferd oder Mongolisches Wildpferd genannt.

Der Körper ist mit einer Widerristhöhe von 130 bis 140 Zentimetern im Vergleich zum Kopf eher klein, aber robust und kräftig. Der Kopf wirkt massig, das Profil ist ramsartig; der Hals ist kurz und ebenfalls kräftig. Die Beine sind stark und fest.

Przewalski-Pferde haben eine überwiegend helle bis braune Färbung. Charakteristisch ist ein dunkler so genannter Aalstrich, der den Rücken entlang der Wirbelsäule verläuft und in einen dunklen Schweif übergeht. Das Maul hingegen ist typischerweise hell und wird als Mehlmaul bezeichnet.

Als einzige Rasse verlieren Przwalski-Pferde mit dem Fellwechsel auch ihre Mähnenhaare, weswegen diese - anders als bei anderen Pferden - kurz sind und stehen.

Lebensraum und Nahrung

Pferde im Schnee
Przewalski-Pferde gelten als ausgesprochen robust

Mit dem Zweiten Weltkrieg begann der Untergang der Przewalski-Pferde. Sie dienten in Kasachstan in erster Linie als Fleischlieferant und wurden nach und nach von Nutztierherden zurückgedrängt. Das Ergebnis: Ende der sechziger Jahre war das Przewalski-Pferd als Wildpferd ausgestorben. Einige Jahre zuvor waren jedoch 13 Exemplare gefangen worden, was das Überleben der Rasse sicherte.

Ihre Rückkehr begann einige Jahre später, als einige Privathalter die Tiere in europäische Zoos brachten. Dem Einsatz engagierter Zoos und Zuchtprogramme ist es zu verdanken, dass die Population wieder anstieg. Alle Nachkommen stammen bis heute von den 13 geretteten Tieren ab.  

Die Programme waren von Anfang an darauf ausgelegt, dass die Pferde perspektivisch wieder frei in ihrer Heimat leben können. 1992 gelang es, die ersten Tiere von der Schweiz in das Schutzgebiet „Great Gobi B2“ in der Mongolei zu bringen. Knapp 30 Jahre später ist die Herde dort auf etwa 300 Pferde gewachsen.

Deutschland beteiligt sich mit mehreren Zucht- und Auswilderungsprogrammen an der Erhaltung des Przewalski-Pferdes. So lebt z. B. eine Herde in Schweinheim in Aschaffenburg in einem Naturschutzgebiet ohne den Einfluss von Menschen, allerdings werden die Tiere überwacht und regelmäßig gezählt. Weitere so genannte Semi-Reservate sind u. a. die Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide bei Berlin, der Wildpark Schorfheide in Brandenburg oder das Campo Pond in Hanau. Ähnliche Schutzgebiete gibt es auch in Frankreich, England und Ungarn.

Przewalski-Pferde gelten als ausgesprochen zäh und anpassungsfähig, da sie tagelang ohne Wasser und Nahrung überleben können. Im Gegenzug verbringen sie etwa die Hälfte ihrer Zeit mit Fressen. Sie sind – wie alle Pferde – reine Pflanzenfresser und ernähren sich von hochwertigen Gräsern, Blättern, Rinde oder Kräutern. Im Sommer bleiben sie in der Nähe von Wasserstellen. Um diese zu finden, graben sie mit ihren scharfkantigen Hufen den Boden, der in ihrem typischen Lebensraum eher trocken und hart ist, um. Im Winter decken sie ihren Wasserbedarf mit Schnee, die Nahrung besteht vor allem aus faserigen Pflanzen.

Lebensweise und Fortpflanzung

Fohlen mit Mutter
Jede Stute bringt durchschnittlich ein Fohlen pro Jahr zur Welt

Przewalski-Pferde leben, wie alle anderen Pferderassen auch, in Herden, die aus Familien mit einem Leithengst, einigen Stuten und deren Nachwuchs bestehen. Laut „Ein Herz für Tiere“ werden Junghengste mit etwa drei Jahren aus der Herde ausgeschlossen, damit sie sich einer anderen Herde mit jüngeren Tieren anschließen können. Weibliche, geschlechtsreife Stuten verlassen die Herde von selbst und gründen mit einem Hengst eine eigene Herde.

Auf ihren Streifzügen durch riesige Gebiete führt die ranghöchste Stute die Gruppe an und bringt diese zu Futter- und Wasserstellen, während der Leithengst die Gruppe zusammenhält und vor Gefahren schützt. Ist er dazu nicht in der Lage, etwa weil er älter oder krank ist, wird er u. U. von einem jüngeren Hengst aus seiner Position verdrängt.

Die Fohlen kommen in der Regel in der nahrungsreichen Zeit zwischen April und Juli zur Welt, was ihre Überlebenschancen deutlich erhöht. Die Tragzeit der Stute liegt bei 47 bis 51 Wochen, wobei Hengstfohlen länger ausgetragen werden als Stutfohlen. Nach einer Säugezeit von einigen Wochen beginnen die Fohlen selbständig feste Nahrung aufzunehmen, erhalten allerdings bis zu einem Alter von etwa zehn Monaten zusätzlich Muttermilch. Die Stute ist bereits kurz nach der Geburt wieder empfängnisbereit und bringt so im Durchschnitt ein Fohlen pro Jahr zur Welt. Przewalski-Pferde werden etwa 20 Jahre alt.

Gefährdung und Gefahren

Steppe in der Mongolei
Karge Lebensräume wie die Steppe der Mongolei sind ihr Zuhause

In der Mongolei, wo das Przewalski-Pferd seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wieder frei in einem Schutzgebiet lebt, ist der Wolf der bedeutendste Fressfeind. Vor allem Fohlen sind gefährdet, die von der Herde bei Bedrohung durch einen Schutzring abgeschirmt werden.

Dank intensiver und engagierter Zuchtprogramme konnten die Bestände des Przewalsi-Pferdes in den letzten Jahren deutlich erhöht werden. Weltweit gibt es mittlerweile wieder mehrere tausend Exemplare, ein Großteil davon lebt in Zoos und Reservaten. Mehrere hundert Tiere sind jedoch das Resultat von Programmen zur Wiederansiedlung; ihre Zahl hat sich erfreulicherweise stetig vergrößert. Nichtsdestotrotz gilt die Art als stark gefährdet.

Im Sommer 2024 unterstützte Deutschland den Aufbau einer neuen Population in der zentralkasachischen Steppe. Vier Przewalski-Stuten aus dem Tierpark Berlin wurden mit drei Tieren aus dem Prager Zoo in die freie Wildbahn entlassen.

Den ersten Winter verbringen sie laut ZDF noch unter Beobachtung in einem Auswilderungszentrum, im Anschluss daran sollen sie komplett unbeeinflusst leben. Das Projekt ist Teil der „Alty Dala Conservation Initiative“ in Kasachstan, die sich - neben den Przewalski-Pferden - für den Schutz der Steppe, Halbwüsten und Wüsten des Landes sowie der Saiga-Antilopen und der Vogelwelt einsetzt. Die Initiative wurde von den Vereinten Nationen als „World Restoration Flagship“ ausgezeichnet.

Innerhalb von fünf Jahren sollen mindestens 40 Tiere aus verschiedenen Zoos nach Kasachstan umgesiedelt werden, um mehrere Herden in ihrem ursprünglichen Lebensraum aufzubauen.

Zurück