Der Mufflon – vom Mittelmeer nach Deutschland

Mufflon Widder
Widder leben ab dem dritten Lebensjahr in eigenen Rudeln

Mufflons haben ein seltsames Fluchtverhalten. Sind sie allein unterwegs und wittern Gefahr, rennen sie los – und bleiben kurz danach abrupt stehen. Wölfen spielt dies in die Karten, denn Muffelwild, eins ihrer Leibgerichte, lässt sich so ohne große Anstrengung erbeuten. Und so ist es keine Überraschung, dass in einigen Regionen Deutschlands ,z. B. der niedersächsischen Göhrde, ein Rückgang der Mufflon-Populationen beobachtet wird, seitdem Wölfe dort wieder heimisch sind. Vor einigen Jahren spazierten zudem regelmäßig wilde Mufflons durch Dörfer in Schleswig-Holstein und der Eifel – ihre Scheu vor Menschen wog dabei mutmaßlich weniger schwer als ihre Angst vor Wölfen.

Merkmale

Mufflon Widder
Widder fallen durch ihre imposanten Hörner auf

Der Mufflon (Ovis orientalis musimon) ist ein Wildschaf, von dem es verschiedene Unterarten gibt. In Deutschland ist die Unterart Europäischer Mufflon heimisch. Diese ist etwas größer als ein Reh und hat eine Körperlänge von maximal 120 cm; Schafe erreichen ein Gewicht von 25 bis 40 Kilogramm, Widder sind mit 35 bis 55 Kilogramm deutlich schwerer.

Die Fellfarben unterscheiden sich bei den Geschlechtern: Widder sind im Sommer fuchsrotbraun mit einem hellen Sattelfleck - auch „Spiegel“ genannt – und Schafe sind eher braun. In den Wintermonaten werden beide Geschlechter dunkler.

Das auffälligste Kennzeichen der Widder sind seine spiralförmigen Hörner, die so genannten Schnecken. Diese wachsen ab einem Alter von etwa vier Monaten, jedes Jahr einige Zentimeter, für insgesamt sechs bis acht Jahre. Sie können eine Länge von 80 Zentimetern erreichen. Anders als Rot-, Dam- und Rehwild wirft der Mufflon seine Hörner nicht ab. Schafe haben entweder gar keine oder sehr kleine, bis zu 15 Zentimeter lange Hörner, die leicht nach hinten gebogen sind.

Lebensraum und Nahrung

Mufflons im Wald
Mufflons leben bevorzugt auf trockenen, harten Böden

Ursprünglich lebten Mufflons auf den Mittelmeerinseln Sardinien, Korsika und Zypern, die sich durch felsige, offene Gebirgslandschaften und trockenes Klima auszeichnen. Die dortigen Bestände sind jedoch mittlerweile stark geschrumpft, da ihre bevorzugten Lebensräume immer kleiner werden und sie teilweise auch von Hausschafen verdrängt werden.

Ab 1900 wurden die Tiere u. a. in Deutschland ausgesetzt und angesiedelt. Die Populationen sind heutzutage über ganz Deutschland verteilt und bewohnen hier Laub- und Mischwaldgebiete sowie Heidelandschaften und Mittelgebirge, u. a. im Nationalpark Eifel und in der Lausitz, bevorzugt auf trockenen und steinigen Böden. Damit sich ihre Schalen auf natürlichem Weg abreiben, brauchen sie harten Untergrund. Auf zu weichen und insbesondere feuchten Böden kann es zu Erkrankungen wie Moderhinke (schmerzhafte Entzündung der Klauen, ausgelöst durch zu starkes Hornwachstum) kommen.

Mufflons sind Wiederkäuer und reine Pflanzenfresser; sie ernähren sich u. a. von Gräsern, Kräutern, Sträuchern, Knospen, Laub, Eicheln und Rinde. Auch Brennnessel und Ginster mögen sie gerne sowie die Triebe von Laub- und Nadelbäumen. Sie trinken eher wenig und lecken gerne Salz.

Lebensweise und Fortpflanzung

Mufflon Jungtier
Lämmer bleiben bis zu 1,5 Jahre bei ihrer Mutter

Mufflons sind tag- und nachtaktiv. Sie können hervorragend sehen: Feinde nehmen sie bereits in einer Entfernung von 800 bis 1.000 Metern optisch wahr. Auch riechen können sie sehr gut bis zu einer Entfernung von 300 Metern. Ihre Fähigkeiten sind optimal an ihren Lebensräum im Gebirge angepasst, dementsprechend sind sie sehr beweglich und sie können ausgezeichnet klettern und springen.

Auch ihr Fluchtverhalten hat seinen Ursprung in diesem Lebensraum: Bei Gefahr flüchten sie dort in unzugängliche Felsbereiche. Leben Mufflons jedoch im Flachland, funktioniert dies nicht, da Einzeltiere nur kurze Strecken rennen und dann regungslos erstarren – ideale Bedingungen für Feinde. Sind Mufflons im Rudel unterwegs, scharen sie sich um ihr Leittier.

Mehrere Mufflons bilden meist ein kleines Rudel mit einem älteren Schaf, das die Funktion des Leittiers übernimmt. Widder schließen sich ab dem dritten Lebensjahr in eigenen Rudeln zusammen, ältere Widder sind häufig Einzelgänger. In der Regel sind Mufflons standorttreu und markieren ihre Reviere mit speziellen Duftstoffen.

Im Oktober beginnt die Brunftzeit. Widder kämpfen nun mit Rammstößen ihrer Hörner um den Zugang zum Rudel und zu den Schafen. Dabei rennen sie laut „Jagdverband“ aus größerer Entfernung aufeinander zu und stoßen mit den Hörnern zusammen, so dass es laut kracht. Bei diesen Kämpfen können sie bis zu 10 Kilogramm verlieren.

Nach einer Tragzeit von etwa fünf Monaten werden ein bis zwei Lämmer geboren, die etwa sechs Monate gesäugt werden und dann bis zu 1,5 Jahre bei der Mutter bleiben. Der Nachwuchs ist bereits im ersten Lebensjahr geschlechtsreif.

Gefährdung und Gefahren

Da ihr Fluchtverhalten an Gebirgsregionen angepasst ist, gehen die Populationen von Mufflons im Flachland häufig parallel zur Anwesenheit von natürlichen Feinden zurück. Besonders auffällig ist das in Wolfsrevieren, z.B. in der Lausitz (Sachsen) oder der Göhrde (Niedersachsen) – Hirsche, Wildschweine und Rehe konnten sich hingegen halten. Auch die Wiederansiedlung von Luchsen im Harz führte dazu, dass die Mufflon-Bestände schrumpften. Jungtieren können außerdem Füchse und Steinadler gefährlich werden.

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